19.08.2013 - Beim Enstoolment eines neuen Chiefs in Mampong
Am 19.03.2013 folgten wir als Gruppe einer besonderen Einladung unserer Gastfamilie. Wir hatten die Ehre bei der Einweihung eines neuen Chiefs in Mampong, einem kleinen Städtchen nördlich von Accra, dabei zu sein. Chiefs sind in Ghana im lokalen Bereich überaus wichtige Autoritätspersonen mit wichtigen Aufgaben in den Bereichen von Rechtssprechung, Verwaltung und traditioneller Repräsentation. Entsprechend ist die Amtseinführung (Enstoolment) ein wichtiges Ereignis für die lokale Bevölkerung und wird entsprechend zelebriert. Für uns natürlich entsprechend auch eine große Sache, das miterleben zu dürfen.
Aufgrund der Größe unserer Gruppe ging es mit einem „Privaten Tro-Tro“ (Bild 1) von Accra nach Mampong. Dort angekommen wurden erst einmal ein paar Häuser mit Verwandten und Bekannten unserer Gastfamilie abgeklappert. Raus aus dem Tro-Tro, Begrüßung, warten bis genug Stühle rangeschafft werden, hinsetzen, warten, aufstehen, zurück ins Tro-Tro, nächstes Haus – ich kann nicht mehr sagen, wie oft wir diese Prozedur an dem Tag mitgemacht haben. Irgendwann kamen wir dann ma Wohnhaus des neuen Chiefs an, wo sich intensiv um die Vorbereitung des heute anstehenden Festmahls gekümmert wurde (Bilder 2 & 3). Auch hier natürlich begrüßen und vorstellen, bevor es weiter geht zum eigentlichen Startpunkt der heutigen Veranstaltung.
Von einem etwas auswärts gelegenen Haus geht dann die Prozession los. Dabei wird großer Wert auf die Ordnung der Gruppe gelegt, die auch von den Kleiderfarben abhängt. Mich geht das glücklicherweise nichts an, da ich als Fotograf heute offiziell alle Freiheiten genieße und mich frei bewegen darf – eine super Sache und vollkommen neues Gefühl. Den ganzen Tag werde ich irgendwie immer in die erste Reihe vorgeschleust und wo andere den Weg räumen müssen, werde ich noch hingeschoben. So viele Privilegien sind mir zum Teil echt unangenehm – darum gebeten habe ich schließlich nicht. Einzige Bedingung: ich muss, um der Farbordnung gerecht zu werden, ein weißes Stirnband tragen. Sieht super aus, wie auf Bild 9 zu sehen ist…
Diese ganze Prozession fängt harmlos an. Man sieht am Straßenrand hier und da einzelne Schaulustige, die sich die Sache von außen anschauen, grüßen und mit Tüchern wedeln (Bilder 6-8). Später soll sich herausstellen, dass dies nur ein sanfter Einstieg in den Tag sein sollte.
Nach und nach schließen sich immer mehr Menschen an und beim ersten Stopp an einem Haus lässt sich am Eingang bereits erahnen, dass es heute noch ein anstrengender Tag werden könnte. Für Bild 12 bin ich auf irgendeine Mauer geklettert, um mal einen Überblick über die Lage zu bekommen. Da wurden die ersten Leute schon nicht mehr reingelassen und ich habe mich bereits darauf eingestellt jetzt hier draußen zu warten. Aber natürlich wurde ich mit meinem VIP-Status dann noch durch die Menge geleitet, damit ich drinnen Fotos machen kann.
Die Vorgänge drin kann ich nun leider nicht erklären. Es ging um viel Symbolik, um Geschenke, um Schnaps und war insgesamt ziemlich abgefahren. Der neue Chief und sein persönlicher Warrior wurden schließlich noch weiß gepudert (Bilder 17-21) und so ging es dann wieder auf die Straße. Natürlich war ich hier und heute auch nicht der Einzige mit einer Kamera (Bild 18). Es waren auch einige Journalisten und Fernsehteams mit halbwegs professioneller Ausrüstung zugegen – von den ganzen privaten Digicams, Handykameras und Tablets ganz zu schweigen. Tradition meets Moderne eben…
Wieder auf den Straßen von Mampong unterwegs wurde es tatsächlich immer immer voller, lauter und enger. Nun war endgültig richtig was los und das Fotografieren zur Herausforderung. Ich habe mich immer mehr von der Menge treiben lassen und hatte keine Ahnung, wo meine eigentliche Gruppe eigentlich abgeblieben war.
Der Chief und sein Warrior wurden nun durch das Städtchen getragen (Bilder 25-28) und von feiernden Menschen begleitet. Dabei wurden auch immer wieder Luftschüsse abgefeuert (Bild 28), die mich in schöner Regelmäßigkeit zusammenzucken ließen. Da sehnte man sich doch hin und wieder danach, sich einfach hinzulegen und zu entspannen (Bild 30)… Es war wirklich anstrengend aber natürlich auch super interessant und ich war richtig froh mal bei sowas dabei sein zu können.
Es wurden noch in ein paar weiteren Häusern Station gemacht, wo wieder einige Rituale durchgeführt wurden, deren Sinn und Bedeutung sich mir nicht erschlossen hat. Wie lange das alles insgesamt gedauert hat, kann ich auch beim besten Willen nicht mehr sagen. Tatsächlich haben wir uns dann auch wieder in unserer Gruppe beim Tro-Tro zusammengefunden um uns bei Speis und Trank wieder zu stärken.
Anschließend ging es zurück ins Zentrum in die Stadthalle, wenn man das so bezeichnen mag. Dort fand nun der wohl wichtigste Teil des Tages statt. Es wurden nochmals Geschenke überreicht und wieder einige Rituale durchgeführt. Leider war es hier drinnen verdammt düster und gute Bilder ohne Blitz waren kaum möglich – und den externen hatte ich leider nicht mitgenommen. Die Kameras wurden also an die vertretbaren Grenzen der Einstellungen geschraubt und selbst damit war ein großer Ausschuss zu verzeichnen. Irgendwann hatten die anderen dann auch keine Lust mehr und wir fuhren vorzeitig zurück zum Haus des Chiefs. Im Nachhinein wurde mir dann erzählt, dass wir wohl den allerwichtigsten Part der Zeremonie verpasst hätten – das Anlegen der neuen Kleidung des Chiefs. Schade, aber auch so haben wir an diesem Tag wahrlich viel zu Gesicht bekommen.
Vor der Halle ließen sich kurz noch einige „Poserbilder“ machen (Bilder 34-36) und „Fachgespräche“ mit anderen Fotografen zu führen. Nach Sonnenuntergang sind wir schließlich nochmal ins Stadtzentrum zurückgekommen, um beim Festmahl dem Chief nun auch in seinem neuen Amt nochmal ehrfürchtig und unter penibler Einhaltung des traditionellen Benimmcodes unsere Aufwartung zu machen, bevor wir dann endgültig unsere Heimreise angetreten haben. Was bleibt von diesem Tag? Viele, viele Eindrücke, ein klein bisschen Kulturschock, ein T-Shirt als Erinnerung und signifikante Schäden an der Ausrüstung. Alles in allem ein denkwürdiger Tag und bis heute das schweißtreibenste „Shooting“, das ich je hatte. Aus heutiger Sicht, hätte ich damals noch wesentlich mehr Videos aufgenommen, da sie mit bewegten Bildern das Feeling dort noch besser hätten wiedergeben können, als es Fotos tun...